Ich bin kein Fan von Werbung – obwohl ich (auch) im Marketing
tätig bin und normalerweise gehe ich in Werbepausen auf die Toilette, spiele
mit meinem Hund oder hole mir etwas zu trinken, nur um die – meistens langweilige
– Werbung nicht anhören zu müssen.
Möglicherweise bin ich etwas Tante-Tilly geschädigt, die mich
in der Kindheit mit ihren in Spülmittel getauchten Fingern schon wahnsinnig
machte. Ganz abgesehen davon, welche Auswirkungen diese Werbespots von damals
hatten, hat Tante Tilly uns doch beigebracht, das die Chemie des Spülmittels
gar nicht so schlimm ist, wie manche behaupten.
Auch viele andere Marken haben uns in den letzten Jahrzehnten
seltsame Botschaften übermittelt. Zucker ist ein Grundnahrungsmittel, die
Wimpern müssen immer schon lang sein, Haare färben gehört zum guten Stil und
die Autos sollten schön groß und möglichst protzig sein, das ist gar nicht so
schlimm für die Umwelt, wie manche Leute meinen. Und das Fertigprodukte das
Nonplusultra sind, versteht sich doch von selbst: einfach Packung aufreißen, ab
in den Ofen und zwischendurch kann man sich noch ein bisschen um die Kinder
kümmern, die eigentlich viel besser damit bedient wären, zu erfahren, wie man
eine Paprika wäscht und mundgerecht zerschneidet.
Was ich mich immer frage: Ist es wirklich toll, immer schöner
zu werden, immer gestylter topschick angezogen aufzutreten? Müssen wir wirklich
immer mehr und immer schneller konsumieren, um auf dem neuesten Stand zu sein?
Müssen wir wirklich jedem Trend folgen oder dürfen wie auch mal scheinbare
Rückschritte machen?
Da kommt mir doch eines gerade wie eine kleine Erlösung vor,
denn die Werbebranche entdeckt echte Emotionen wieder. Da werden neuerdings
keine platten Sprüche runtergeleiert, die Bedarf erwecken, wo eigentlich gar keiner
da ist, es wird sich Gedanken gemacht um das, was wir wirklich – wirklich! –
wollen. Ein bisschen mehr Sicherheit beim Autofahren, gesunde, selbstbewusste
Kinder, Miteinander und ehrliche Kommunikation, persönliche Erfolge, die wir
mit anderen teilen dürfen und Erlebnisse, die uns lange im Gedächtnis bleiben. Und
das ganze zum Teil mit aufwändig gemachten Kurzfilmen, die uns berühren, zu
Herzen gehen, die uns wachrütteln und im positiven Sinne treffen.
Auf moderne Art und Weise kommen wir wieder mit den
persönlichen Geschichten in Kontakt, so wie einst die Menschen abends am
Lagerfeuer die Sagen und Legenden weitertrugen und überlieferten, wird genau
das heute wiederentdeckt, denn die Zeiten des Storytelling brechen (wieder) an.
Und das bedeutet, dass wir einem globalen Wandel entgegen gehen – einem Wandel,
der Herz und Emotionen wieder zum Leben erweckt, weil das Herz immer über den
Verstand siegt.
(c) Gudrun Anders, Aachen.
Blog zu Storytelling: www.life-is-a-story.de