(c) Gudrun Anders
Ich
war als Kind gefühlt immer krank. Nun, das „immer“ stimmt natürlich nicht, ich
habe etwas übertrieben. Aber gefühlt war es so. Erkältungen kamen bei mir oft
und blieben überdurchschnittlich lange. Irgendwie lief ich meistens mit
Schnupfen oder Husten herum. Und wenn es keine Erkältung war, hatte ich Hals-, Ohren-,
Kopf- oder auch Rückenschmerzen.
Als
ich etwa 10 Jahre alt war, kam ein starker Heuschnupfen hinzu, was in unserer
Familie nicht unüblich war. Damals – in den frühen 70ern – machte man deswegen
noch nicht allzu viel Aufhebens. Ich bekam vielfach Cortison, was später neue
körperliche Probleme bei mir hervor rief, schluckte eine Menge
Allergie-Tabletten und bekam Impfungen gegen Grippe, damit ich nicht auch noch davon
gebeutelt wurde.
Damals
achtete man in meiner Familie nicht oder nur sehr wenig auf abwechslungsreiche
Ernährung, genug Wasserzufuhr oder eine gesunde Lebensweise. Dafür wurde viel
gearbeitet, noch mehr geraucht und als Ausgleichssport war der sonntägliche
Spaziergang am Meer obligatorisch. Wenn ich heute auf diese Zeit zurück blicke,
komme ich mir ein wenig vor, wie im Mittelalter aufgewachsen. So viel ist
seitdem geforscht, informiert und verbessert worden.
Meine
Krankengeschichte spitzte sich noch einige Jahre weiter zu, bis sie Mitte der
80er Jahre einen drastischen Wandel erlebte. Ich interessierte mich für
positives Denken, änderte meine Ernährungsgewohnheiten, machte viel Entspannungstraining
und kümmerte mich sehr intensiv um alternative Therapiemethoden, um mir mehr
Gesundheit zu gönnen.
Einiges
tat sich, meine Verspannungen und Rückenbeschwerden linderten sich, ich war
nicht mehr ganz so oft krank und stopfte auch nicht mehr so viele Medikamente
in mich hinein. Aber trotz aller Veränderungen war ich dennoch meistens 2-3 x
im Jahr erkältet.
Das
konnte ich auch während meiner Zeit als Atemtherapeutin nicht wirklich in den
Griff bekommen. Tief in mir ärgerte es mich, dass ich immer und immer wieder
erkältet war, obwohl ich einiges dafür tat, es möglichst zu verhindern. In den
90er Jahren war das boomende Interesse an Psychosomatik bei mir und vielen
anderen sehr angesagt. So konfrontierte man mich oft mit „Na, schon wieder die
Nase voll?“, wenn ich Schnupfen hatte. Oder mit „Willst wohl wieder jemandem
was husten, nicht?“
Abgesehen
davon, dass auch das sicher der Fall gewesen ist, fühlte ich mich nicht besser
und suchte weiter nach möglichen Lösungen in allen möglichen Therapien von
klassischer Homöopathie über Bachblüten, Biofeedback, Reiki, Kinesiologie und
vielen anderen Systemen.
Meine
Suche nach Heilung – oder zumindest Linderung – von diesen wiederkehrenden und
teils lästigen Symptomen blieb erfolglos, wenngleich sich auch mein
Allgemeinzustand verbesserte. Nur die Erkältungen traten mit ziemlicher
Regelmäßigkeit mindestens 2-3 x im Jahr auf und die Intensität nahm ein wenig
zu, so dass die Gabe von Antibiotika immer häufiger nötig war, sonst hätte es
mich alle Kraftreserven gekostet.
Eine
befreundete Heilpraktikerin kam vor einiger Zeit einmal auf die Idee, dass mein
Immunsystem vielleicht dadurch in Schwung gebracht werden könnte, wenn ich
Blutplasma spende. Die Idee war gut und mein Blut wurde untersucht. Und es
wurde noch ein weiteres Mal untersucht, weil man aufgrund extrem schlechter Werte
einen Laborfehler vermutete. Aber es war kein Laborfehler.
Ich
wurde an einen Spezialisten überwiesen, der mein Blut auf alle Eventualitäten
untersuchte. Die Ärztin, die mir die Diagnose übermittelte, war sehr behutsam
und freundlich. „Ich befürchte, sie sind chronisch krank“, meinte sie und
erklärte mir, dass ich einen relativ seltenen Immundefekt hätte, eine
Krankheit, die sich CVID nennt: Chronisch variabler Immundefekt. Sie schilderte
mir, was es damit auf sich hat und was man tun könnte. Natürlich bekam ich eine
ganze Menge Verhaltensempfehlungen mit auf den Weg.
Die
freundliche Ärztin erwartete Bestürzung von mir, denn schließlich kann es mit
dieser Krankheit zu lebensbedrohlichen Situationen kommen, wenn unter gewissen
Umständen keine ärztliche Hilfe da ist. Ich aber war erleichtert, denn eine
Jahrzehntelange Suche war auf einen Schlag zu Ende, wenn ich mich auch in
meinem Leben erneut umorientieren musste.
Von
mir fiel die seelische Last, dass meine ständigen Erkältungen psychosomatisch
oder allein ernährungsbedingt waren. Denn so sehr ich mich auch anstrengen
würde, ein amputiertes Bein wächst in der Regel nicht von allein nach.
Vielleicht könnte ich es mit mehr Bewusstheit im Alltag schaffen, die Anzahl oder
die Intensität der Erkältungen zu mildern, aber ausschließen würde ich sie
nicht können.
Mir
ist klar geworden, dass Menschen nun einmal unvollkommen sind. Jahrelang habe
ich versucht, an dem was ich bin etwas zu ändern, nur weil manche glauben, dass
Krankheit aus schlechten oder negativen Gedanken hervor kommt. Ich denke,
beides - Veranlagung und Erwerb - spielt eine Rolle.
Man
kann heute nicht mehr feststellen, ob der Immundefekt angeboren oder in jungen
Jahren durch schlechte Einflüsse von außen erworben ist. Fakt ist, dass er da
ist und ich damit leben (lernen) muss.
Immundefekte
sind also nicht erst seit HIV und Aids ein Thema. In Deutschland gibt es
mehrere Tausend Menschen, die Immundefekte haben und ihr Leben entlang dieser
Krankheit mit all ihren unterschiedlichen Symptomen einrichten müssen. Die
Dunkelziffer allerdings ist hoch. Mehr Informationen dazu gibt es bei der DSAI, der „Deutschen Selbsthilfe
Angeborene Immundefekte e.V.“, die informieren und aufklären wollen und
Informationsbroschüren für Betroffene herausgeben.
Abgesehen
davon, dass ich seitdem große Menschenmengen möglichst weitestgehend meide,
mich natürlich von erkälteten Personen fern halte und versuche, mich ausgewogen
zu ernähren, peppe ich natürlich mein Immunsystem auf, um die Anfälligkeit für
Infekte zu minimieren. Wie sagt man in Belgien so schön …
Besser ein Apfel auf dem
Teller
als eine Ananas im Bilderbuch.
Das
sollte nach meinen umfangreichen Recherchen zum Thema Immunsystem eigentlich
jeder beherzigen. Allerdings bin ich mittlerweile auch der Meinung, dass wir
einerseits viel für die Gesundheitswiederherstellung erforscht haben, auf der
anderen Seite sind aber auch jede Menge Gesundheitsgefährdungen neu hinzu
gekommen: Umweltbelastungen, zu viel unnütze Medikamenteneinnahme, vermehrtes
Rauchen und Drogenkonsum, Stress, minderwertige
Lebensmittel und vieles andere mehr.
Ich
habe für mich nach sehr umfangreichen Recherchen zu dieser Thematik dazu
entschlossen, das Bestmögliche zu tun, um möglichst wenig krank zu werden, und
das ist: Prävention.
Glauben
Sie mir bitte, ich habe unendlich vieles ausprobiert, um gesund zu werden oder
zumindest gesünder, nicht so anfällig zu sein. Ich habe fast ein Jahrzehnt lang
die unterschiedlichsten Networking-Unternehmen untersucht und deren wirklich
teilweise hervorragenden Produkte genommen. Nichts hat mich persönlich so
angesprochen, dass ich dabei geblieben wäre, weil bei den meisten oft nur ein
Produkt aus anderen hervorstach. Mich nur allein mit einer hochdosierten Menge
Vitamine vollzustopfen, reichte mir nicht aus. Es reichte meiner Gesundheit
nicht aus, denn durch häufige Antibiotika-Gaben, die bei mir aufgrund des
Defektes unerlässlich waren, musste auch für meinen Darm etwas getan werden.
Gleichzeitig
– ich bin ein großer Freund der psychosomatischen Medizin – musste aber auch
eine seelische Stütze her. Ist ein Defekt vorhanden, so ist dieser nicht allein
im Körper, sondern auch der Psyche mangelt es an etwas. In meinem Fall fehlte
es seelisch ebenfalls an Widerstandskraft gegenüber äußeren Angriffen, die ich
nicht gut verkraftete. Jahrelang unterstützte ich mich daher wiederkehrend mit
Bachblüten, manchmal mit pflanzlichen Präparaten oder auch mittels Homöopathie.
Heute
mache ich regelmäßig Darmkuren, nehme ausgewählte Vitaminpräparate und
unterstütze meine spezielle Situation regelmäßig mit pflanzlichen Essenzen.
Damit mache ich das Beste, was es meiner Ansicht heute für Menschen mit
Immundefiziten oder -defekten gibt. Aber nicht nur für Menschen mit Defekten
oder andere chronisch kranke Menschen. Auch für Menschen, die an der
Gesunderhaltung arbeiten möchten, ist dieses sehr interessant.
Mehr
kann ich derzeit nicht tun, außer alle paar zwei Immunglobulin-Infusionen zu
erhalten und damit weitere Risiken ein kleines bisschen zu mildern. Ich versuche
weiterhin durch Minimierung der Risikofaktoren, gesunde Ernährung und Nahrungsergänzung
mit diesem Defekt zu leben und habe nicht die Absicht mich deswegen verrückt
machen zu lassen. Trotzdem ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste.
Ich
habe jetzt das erste Mal in meinem Leben zwei Jahre gehabt, in denen ich keine
Erkältung hatte. Zwar sind viele andere Symptome weiterhin da und müssen
regelmäßig kontrolliert werden. Aber zwei Jahre ohne Erkältung waren ein Segen!
Zwei Jahre – mehr als so manch anderer, der ein intaktes Immunsystem hat! Zeigten
sich Anzeichen einer Erkältung, habe ich kurzfristig meine Vitamin-C-Zufuhr sowie
meine pflanzlichen Geheimwaffen erhöht. Für mich ist das ein absolut
hervorragendes Ergebnis!
Die
Wahrscheinlichkeit, dass sich weiterhin Nebenwirkungen dieser Erkrankung
zeigen, ist sehr hoch. Aber ich tue unter Einschränkungen was ich kann, um
einigermaßen normal zu leben. Das bin ich mir schuldig.
©
Copyrights für den Text bei Gudrun Anders, www.gudrun-anders.de